Hat der Gründer des "Heinz Ketchup" Unternehmens seine Wurzeln im Hickengrund?

In meiner Familie wurde oft von "Onkel Henry gesprochen, der "vor 1900" sein Glück in Amerika mit Tomaten in Dosen gemacht habe. Irgendwann soll dann der Kontakt abgebrochen sein - die einen sagen, wegen eines nicht abgeholten Päckchens; die anderen meinen, aufgrund der politischen Entwicklung in "Hitlerdeutschland". Interessant ist auch ein Gerücht, das vor vielen Jahren für eine Erbschaftsangelegenheit in Amerika über deutsche Zeitungen noch lebende Verwandte von Henry Heinz gesucht worden seien (!).

Henry John Heinz I

Henry John Heinz I

Kam eine Heinz-Ketchup-Flasche auf den Tisch so wurde gesagt: "Da, schaut her! Wir haben einen reichen Onkel in Amerika (sein Urenkel war inzwischen Senator) - irgendwann besuchen wir den mal...".

Was ist `dran an der "Familiengeschichte"?

Spurensuche ab etwa 1982:

1. Zunehmend wurden von mir Informationen über die Firma Heinz in Zeitungen und diversen Büchereien gesammelt. So fand ich beispielsweise etliche Fotos von Henry John Heinz I und seiner Familie sowie das Grab seiner Mutter Margareta (Heinz Chapel). Es gibt in Philadelphia eine "Heinz-Hall". Sein Urenkel Henry John Heinz III war inzwischen Senator, starb allerdings 1984 bei einem Flugzeugabsturz. Seine Witwe Simone Ferraras heiratete später den jetzigen Präsidentschaftskaditaten John Kerry...

2. Mein Computerzeitalter ab 1993: Recherche im Internet: Schnell stieß ich auf die erste US-Kurzbiografie des Firmengründers John Henry Heinz I, der als Sohn deutscher Einwanderer nach diversen anderen Geschäftideen und Anläufen um 1853 die ersten Tomaten in Dosen verkaufte. Des weiteren hatte er verwandschaftliche Beziehungen zu der bekannten Millionärsfamilie Trump" (sehr interessant!).

4. Als Herkunftsort der Eltern Heinrich und Margarethe Heinz wurde in einer anderen Kurzbiografie Kahlstadt angegeben (nanu!). Also habe ich den Ort Kahlstadt herausgesucht und das dortige Pfarramt angeschrieben. Leider negativ: Der Familienname Heinz kam dort nicht vor.

4. Nach diversen Tips über die Genealogischen Vereine und von anderen Familienforscher stellte sich heraus, das es nicht Kahlstadt sondern Kallstadt in der Pfalz heißen muss. Falscher Ort - also ein "Fehler der Amerikaner" in der Kurzbiografie.

5. Über die kostenpflichtige Auskunft des zuständigen Landesarchiv in Speyer wurde mir 1996 eine Auflistung aller Geburten und Trauungen der namensträger "Heinz" aus Kallstadt/Pfalz zwischen 1780 und 1830 herausgefiltert. Und hier kristallisierten sich dann die ersten konkreten Hinweise über die Eltern und Geschwister von "Henry John Heinz I" heraus: Seine Eltern Heinrich und Margareta Heinz wanderten gemeinsam mit der besagten Familie Trump von Kallstadt/Pfalz nach Amerika aus und siedelten sich später in Philadelphia an.

6. Weitere wichtige und weiterführende Informationen wurden dann erst durch den Kontakt zu anderen Familienforschern aus der Pfalz und aus Amerika klargestellt: a) in Kallstadt gibt es seit Beginn der dortigen Kirchenbuchaufzeichnungen einen großen Familienstamm "Heinz", der aber keinerlei Verbindung nach Westfalen - geschweige denn in den Hickengrund hat b) Henry John Heinz I wußte sehr wohl von seinen deutschen Wurzeln aus der Pfalz! Viele Male besuche er den Geburtsort und Landkreis seiner Vorfahren und traf dort mit seinen Vettern und Cousinen zusammen - die übrigens überwiegend Winzer waren. c) Seine Ahnen lassen sich in Kallstadt und Umgebung definitiv in direkter Linie bis 1600 zurückverfolgen...

Fazit: Nach wie vor lassen wir uns den Ketchup gut schmecken. Aber mit einem geänderten Bewußtsein: Wir haben (leider) nichts mit der besagten Heinz-Dynastie zu tun.

Schade...

Heinz Tomato Ketchup

Wer aber war aber dann "Onkel Henry", dessen Familie Päckchen an die Verwandten in den Hickengrund geschickt haben soll? Hier gab es dann endlich brauchbare Hinweise durch hartnäckiges Nachfrage bei der damals noch lebenden Verwandschaft. Demnach soll es ein "Onkel" meines Urgroßvaters Ernst Heinz gewesen sein - also einer der Geschwister von Adam Heinz und Catharina, geb. Hainz. Hier gaben die hiesigen Kirchenbücher Auskunft:

Der Maurer und Hüttenmann Adam heiratet 1856 seine Catharina in Niederdresselndorf
(Die Eltern von Ernst Heinz, meinem Urgroßvater)

Die Geschwister von Adam Heinz (Sohn von Johann Adam Heinz und Anna Georg):
1. Elisabeth Heinz geb. 1817, gest. 1855
2. Georg Heinz, geb. 1819, gest. 1887
3. Johannes Heinz, geb. 1822, gest. 1847

Die Geschwister von Catharina Hainz (Tochter von Johann Simon Hainz und Catharina Fuchs)
1. Johannes Heinz, geb. 1824, gest. 1872
2. Georg Heinz, geb. 1828, gest. 1861
3. Heinrich Heinz, geb. 1832, gest. ??

Die Geschwister sind mit Geburts- und Sterbedaten in den Kirchenbücher registriert - abgesehen von Heinrich - dem Bruder von Catharina Hainz. Nach der Konfirmation verlieren sich aber seine Spuren...

Das ist der einzigste Onkel meines Urgroßvaters Ernst Heinz, der den Namen Heinrich trägt. In den Kirchenbücher lassen sich nur seine Tauf- und Konfirmationsdaten nachweisen werden. Demnach könnte es sich bei "Onkel Henry" nur um den Bruder von Catharina Hainz handeln, der später "nach Amerika ging"..

Leider ist hier vorerst die Suche beendet. Bisher konnte ich in Amerika keinen Anknüpfungspunkt finden. Nichts weiß ich über das weitere Leben von "Onkel Henry" Hat er sein Glück in der Fremde wirklich gefunden? Wie ist es Ihm und seiner Familie gegangen? Was ist aus seinen Kindern und Enkel geworden?

Vielleicht beginnt eines Tages ein "Vetter" aus Amerika die Suche nach den Wurzeln seiner Vorfahren und vielleicht lässt sich dann so eine abgebrochene Verbindung wieder herstellen.


© Detlev Kretzer, Färberstraße 13, 57299 Burbach-Holzhausen