Wackebold, der unheimliche Riese
Die Sage vom Hickengrund
Die Wilden Weiber von Oberdresselndorf
Hans Hick und der Feuerriese

Wackebold - der unheimliche Riese
nach Runkel und Zaunert

In uralten Zeiten, als die Berge des Hickengrundes noch mit wilden Urwäldern bedeckt waren, hauste auf der Höhe ein mächtiger Riese, Wackebold genannt. Der war so stark, daß er die Bäume des Urwaldes ausreißen konnte, um die Menschen zu erschlagen, wenn sie sich in seine Berge verirrten. Kein Mensch wagte mehr, die Höhe zu betreten, und selbst im Tale war man seines Lebens nicht mehr sicher, denn Wackebold warf sogar auch dorthin mit Basaltwacken. Die sausten wie Kugeln durch die Luft und wehe dem Wanderer, der ahnungslos durch das Wiesental zog: des Riesen Faust verfehlte ihr Ziel nie! Die Steine rollten bis an die tiefste Stelle des Tales: in den Wetterbach. Die Bewohner des Dörfchens am Fuße des Berges verließen deshalb aus Furcht ihre Hütten, um im Nassauer Ländchen eine sichere Unterkunft zu suchen.

Viele hundert Jahre blieb die Gegend menschenleer, und der Riese ward vergessen. Da kam an einem schönen Frühlingsmorgen von den rauhen Höhen des Westerwaldes herab eine rüstige Männerschar. Es war Hans Hick mit seinen sieben Söhnen, alles hagere, baumlange Gestalten, die, durch eine Feuersbrunst um Hab und Gut gebracht , in milderen Talgründen eine neue Heimat suchten.
" Die Gegend hier soll aber nicht geheuer sein", sprach Hans Hick, als sie aus dem verlassenen Dorf in den Wiesengrund schritten. "Meine Großmutter erzählte oft von einem Riesen, der die Leute hier vertrieben haben soll."

"Ammenmärchen!" - sprach Heinz, der Jüngste. In diesem Augenblick erzitterte die Luft. Ein Steinwurf traf den armen Heinz am Kopf, daß er rücklings zu Boden fiel: er war tot. Die anderen hatten gerade noch Zeit, sich hinter einen Wiesenrain zu ducken, als auch schon ein Hagel von Basaltsteinen über sie hinwegging. Sie blieben ruhig liegen, bis die Nacht einbrach und der Steinregen aufhörte. Dann trugen sie den toten Heinz in die halbverfallenen Kirche des Dörfchens. Dort beweinten sie ihn drei Tage lang und begruben ihn. Hans Hick aber schwur dem Riesen bittere Rache.

In einer finsteren Nacht schlich er sich mit seinen Söhnen die Höhe heran. Ein mächtiges Dröhnen ließ den Berg erzittern. Es war das Schnarchen des Riesen, der schlafend neben einem ungeheuren Steinhaufen lag, den er sich zum Vorrat zusammengetragen hatte. Doch ohne Furcht und Zagen schritt Hans Hick auf ihn zu; er nahm einen großen runden Basaltstein hoch in die Hände und stellte sich mit beiden Füßen auf des Riesen breite Stirn. Und als Wackebold gerade kräftig gähnen wollte, warf er ihm den Stein tief in den Rachen, daß der Riese ersticken mußte. So endete sein Leben. Hans Hick und seine Söhne begruben den Leichnam des Ungeheuers unter den Steinen des Basaltkegels.

Dann schleppten die mutigen Männer die Bäume zu Tal, die der Riese ausgerissen hatte. Sie zimmerten Balken und bauten hölzerne Häuser im Talgrund. Ein neues Dorf, Holzhausen, entstand unter den fleißigen Händen und ward von den "Hicken", den Nachkommen Hans Hicks bevölkert. Der Talgrund hieß fortan der "Hickengrund".

Die tapferen Hicken aber spotteten der furchtsamen Bewohner des verlassenen Dörfchens, die aus Angst vor dem Riesen reißaus genommen hatten und nannten den Ort das Dorf der Esel. Und so entstand aus D`r-Eseln-dorf der Name Dresselndorf. Später wurde das halbverfallene Dorf von dem wackeren Geschlecht der Hicken wieder aufgebaut und bevölkert. Der Spottname blieb.

Wohl tausend Jahre sind vergangen, seit Hans Hick die Gegend von dem Riesen Wackebold befreite. Und doch spukte noch lange der Geist des Riesen in den Wäldern der Hickenhöhe........